Methode: Fishbowl

Viele kennen die Fishbowl als Diskussionsmethode hauptsächlich als Instrument zur Moderation von großen Diskussionsrunden. Das Format eignet sich allerdings auch hervorragend im kleinen Rahmen, um bestimmte Themen im gesamten Team zu schärfen. Eine Einsatzmöglichkeit bietet sich bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit Vorinformationen. Die Prämisse lautet, dass Vorinformationen unser Handeln als Fachkräfte in der direkten Arbeit mit Familien beeinflussen, da wir uns immer und ständig unbewusst Meinungen bilden, Thesen aufstellen und beginnen, diese Gedankenmuster in Strukturen zu verpacken. Wir „schubladisieren“. Diesen Mechanismen kann man nicht entkommen – aber wir können sie uns ins Bewusstsein rufen und akzeptieren. Dann ist es möglich, in der jeweiligen Situation dem entgegenzusteuern.

Eine Fishbowl Sequenz besteht in diesem Einsatzgebiet von einem oder mehreren einbringenden Personen – im Regelfall die Fachkräfte, die den Fall bearbeiten oder bei Neuübernahmen auch die Einrichtungs- oder Teamleitung. Um einen Fall einzubringen, ist es notwendig, die Vorinformationen – also die Berichte, Assessments, den Hilfeplan oder Informationen, die mündlich weitergegeben wurden – in eigenen Worten zusammenzufassen. Dieser Part ist wichtig, um sich nicht sozusagen selbst zu betrügen. Man muss sich ja schließlich mit den eigenen blinden Flecken und Schubladen auseinandersetzen. Durch die Zusammenfassung in eigenen Worten kreiert man automatisch logische Fehlschlüsse, und genau diese gilt es zu identifizieren und zu bearbeiten.

Wenn wir von logischen Fehlschlüssen in diesem Zusammenhang sprechen, sprechen wir meist von fehlendem zeitlichem Kontext, falschen Rückschlüssen oder unzulässigen Verallgemeinerungen oder Absolutismen. Das äußert sich meist dadurch, dass alte Informationen als Brandaktuell präsentiert werden oder Verhaltensweisen von Personen auf monokausale Ursachen heruntergebrochen werden. Durch eine Zusammenfassung in eigenen Worten werden diese Probleme sichtbar.

Aufbau der Fishbowl

In der Fishbowl befinden sich neben den einbringenden Personen noch mindestens eine weitere Person, deren alleinige Aufgabe es ist, durch Fragestellungen den Informationsfluss am Laufen zu halten. Durch kritisches Nachfragen ist die einbringende Person dazu gezwungen, die vermeintlichen Fakten, die für die Bewertung der Information herangezogen wurden, offenzulegen.

Das restliche Team nimmt im Außen eine Beobachter*innenposition ein. Der Prozess der Präsentation der Vorinformationen wird genauestens beobachtet und logische Fehlschlüsse aufgeschrieben. Es ist möglich, je nach Größe des Teams, die Rollen der Beobachter*innen noch einzuschränken – z.B., dass ein Teil des Teams nur auf zeitliche Diskrepanzen oder Verallgemeinerungen achtet. Die Auffälligkeiten werden notiert.

Am Ende der Sequenz spielen die Beobachter*innen ihre Erkenntnisse zu den Einbringenden zurück. Da es sich bei dieser Art der Fishbowl bei den Einbringenden um eine Auseinandersetzung mit sich selbst handelt, ist es wichtig, auf die Formulierung der Botschaften zu achten. Anstatt auf „Du-Botschaften“ also z.B. „Du hast das falsch interpretiert oder du hast verallgemeinert“ sollte man auf neutralere Botschaften setzen – z.B. „Mir ist aufgefallen, dass ich keinen Hinweis auf einen zeitlichen Zusammenhang von A und B habe“ oder „Ich habe keinen Zusammenhang zwischen Verhalten A und Eigenschaft B erkannt“. In gefestigten und offenen Teams kann natürlich eine dementsprechend kritischere Form gewählt werden.

Abschluss

Der Abschluss kann in zwei Varianten gewählt werden – wobei die Wahl der/den einbringenden Personen überlassen werden sollte. In der ersten Variante geben die einbringenden Personen nach einer kurzen Pause eine Rückmeldung ans Team, welche Erkenntnisse sie aus dem Prozess gewonnen haben. In der zweiten Variante endet die Fishbowl-Sequenz ohne Rückmeldung der einbringenden Personen.

Hilfreiches und Wissenswertes

  • die schriftlichen Notizen der Beobachter*innen können gesammelt an den/die Einbringende*n übergeben werden.
  • Durch den an ein „Verhör“ erinnernden Aufbau ist es möglich, dass Emotionen hochkommen. Diese sollten nicht einfach stehengelassen werden!
  • Im Zweifelsfall in einer kleineren Gruppe (z.B. einer Intervisionsgruppe) starten.
  • Es ist sinnvoll, sich einen Katalog mit Signalwörtern und -phrasen anzulegen, die auf logische Fehlschlüsse hinweisen.
  • Der Katalog ist nicht uneingeschränkt auf andere Teams übertragbar, da andere Verfasser*innen von Vorinformationen u.U. andere Signalwörter und -phrasen verwenden.
  • Für Fachkräfte, die sich sehr schwer mit dem Erkennen der eigenen Mechanismen und Schubladen bzw. dem Setting tun, kann die Fishbowl im geschützten Rahmen auch videogestützt eingesetzt werden, um die Situation vom Erkenntnisgewinn zu trennen.