In Folge Nummer zwei unseres Podcasts haben wir uns eingehend mit Fragetechniken beschäftigt – hier gibt’s diese gesammelt zum Nachlesen.
Offene Fragen
Sie sind wahrscheinlich das wichtigste Werkzeug von Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe. Offene Fragen lassen sich in der Regel nie mit ja oder nein beantworten. Sie laden mein Gegenüber zum ausführlichen Erzählen ein. Der Vorteil von offenen Fragen liegt darin, dass sie im höchsten Maße vertrauensbildend sind, wenn man seinem Gegenüber die Möglichkeit gibt, sich ausführlich zu einer Thematik zu äußern. Zudem ermöglichen sie auch, komplexere Themen intensiv zu betrachten und zu erörtern. Aber Achtung! Das Interesse an dem Gesagten meines Gegenübers muss echt sein und nicht vorgespielt, damit dieser Effekt erzielt wird.
„Wie hast du dich dabei gefühlt?“
Beispiele für offene Fragen
„Was ist dann passiert“?
„Wie hast du in der Situation reagiert?“
Geschlossene Fragen
Im Gegensatz zu offenen Fragen lassen sich geschlossene Fragen mit ja oder nein bzw. einem Statement beantworten. Sie sollten möglichst gezielt eingesetzt werden, damit man gewünschte Effekte erreicht. Die große Falle bei geschlossenen Fragen ist die Verallgemeinerung. Man tendiert sehr schnell in Gesprächssituationen, wenn man glaubt auf der richtigen Fährte zu sein, mit Fragen die Erzählungen zu beenden. Sie eignen sich hervorragend zur Strukturierung von Gesprächen, indem man sein Gegenüber dazu zwingt, einen Gedanken oder eine Erzählung abzuschließen. Zusätzlich können geschlossene Fragen Komplexität reduzieren, indem komplexe Sachverhalte mit gezielten geschlossenen Fragen zusammengefasst werden. Auch hier handelt es sich streng genommen um Verallgemeinerungen – dessen muss man sich bewusst sein. Zu guter Letzt sind geschlossene Fragen ein gutes Mittel, um langwierige Gespräche abzuschließen.
„Du hast dich also nicht gehört gefühlt?“
Beispiele für geschlossene Fragen
„Ist es richtig, dass du aus der Situation flüchten wolltest?“
„Es geht dir schlecht weil dir niemand Zeit schenkt, oder?“
Hypothetische Fragen
Hypothetische Fragen zielen immer darauf ab, es meinem Gegenüber zu ermöglichen andere Sichtweisen einzunehmen und Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Es ist nicht das Ziel, mit dieser Fragetechnik zu Lösungen zu kommen. Hauptaufgabe ist es, überhaupt festzustellen welche Lösungswege überhaupt in Frage kommen und ob ein Problembewusstsein überhaupt besteht. Hypothetische Fragen sind grundsätzlich immer im Konjunktiv formuliert.
„Was müsstest du tun, damit deine Eltern dich rausschmeißen?“
Beispiele für hypothetische Fragen
„Was ist das schlimmste, das passieren könnte?“
„Wer könnte dir bei diesem Problem helfen?“
Die Wunderfrage
Die Wunderfrage ist eine Spezialform der hypothetischen Frage und ist vor allem dann hilfreich, wenn Menschen so sehr in ihren Problemen verhaftet sind, dass sie nicht einmal mehr eine Vorstellung davon haben, wie ihr Leben ohne Probleme aussehen könnte. Sie zielt darauf ab, den Zustand ohne die derzeitigen Probleme zu beschreiben, um so weitere Türen für mögliche Lösungsansätze zu öffnen und den Blickwinkel der Person vom Problem auf die Lösung zu lenken.
„Angenommen du fällst heute todmüde ins Bett und wachst am nächsten Tag frisch erholt auf. In der Nacht ist ein Wunder passiert – alle deine Probleme haben sich in Luft aufgelöst. Du weißt aber noch nichts davon, weil du geschlafen hast. Woran würdest du merken, dass ein Wunder passiert ist? Woran würden andere merken, dass ein Wunder passiert ist?“
Beispiel für die Wunderfrage
Zirkuläre Fragen
Zirkuläre oder triadische Fragen beziehen sich immer auf eine dritte Person. Sie haben vor allem die Funktion, es Personen zu ermöglichen andere Sichtweisen einzunehmen oder Empathie zu erlernen. Sie können sogar als Interventionsmethode eingesetzt werden – wenn die dritte Person anwesend ist. Sie können ebenfalls zur Erkundung des Selbst- und Fremdbildes eingesetzt werden. In manchen Situationen fällt es Menschen sogar leichter, über ihre eigenen, negativ geladenen Selbstelemente zu sprechen, wenn sie dies aus der Sichtweise einer anderen Person tun.
„Was würde deine Freundin darüber denken?“
Beispiele für zirkuläre Fragen
„Was glaubst du, wie geht es deiner Mutter, wenn du so etwas machst?“
„Was würde denn dein Bruder sagen, was deine Stärken sind?“
Paradoxe Fragen
Paradoxe Fragen sind, wie der Name schon sagt, Fragen, die man in der jeweiligen Situation vielleicht gar nicht erwarten würde. Zum einen kreiert man so einen Überraschungsmoment, der geeignet ist, um emotionale Situationen zu entschärfen. Zum anderen zielen paradoxe Fragen darauf ab, gedankliche Barrieren zu durchbrechen – ähnlich wie bei der Wunderfrage. Man kann sein Gegenüber dazu zwingen, seine Probleme weiterzudenken bis zur allerhöchsten Eskalationsstufe, um diese Barrieren abzubauen und eine Möglichkeit für Lösungsansätze zu schaffen.
„Und was passiert, wenn du den Inkassobrief weiter ignorierst?“
Beispiele für paradoxe Fragen
„Was passiert mit deinem Kind in 10 Jahren, wenn du so weitermachst?“
„Wenn du ein Tier wärst, welches wärst du?“
Zukunftsfragen
Zukunftsfragen zielen ähnlich wie geschlossene Fragen darauf ab, Gespräche zu strukturieren, zusammenzufassen und zu beenden. Der Fokus liegt dabei auf einem Punkt in der näheren Zukunft und ermöglicht das Switchen von einem problemfokussierten Gespräch zu klareren Lösungen und nächsten Schritten.
„Was werden Sie als nächstes tun?“
Beispiele für Zukunftsfragen
„Was sind unsere nächsten Schritte“
„Was muss bis nächste Woche erledigt sein?“
Es gibt neben den hier aufgezählten Fragetechniken natürlich unzählige weitere. Welche sollten hier noch unbedingt angeführt werden? Schreibt es uns an redaktion@flexible-hilfen.at